Schulfach: Steuerung und Kontrolle, 2. Lehrjahr
Die Bilanz, hier insbesondere die Handelsbilanz, dient auch als Instrument zur Unternehmensbewertung und in weiterer Folge zur Unternehmenssteuerung im Bereich des Finanz Controllings eines Unternehmens (Im Vergleich dazu die Steuerbilanz, welche aufgrund speziell einkommenssteuerrechtlicher Bestimmungen als Massgabe für Einkommens- bzw. Körperschaftssteuer erstellt wird).
Der Vollständigkeit halber soll hier erwähnt werden, dass die Kennzahlenanalyse der Bilanz keine eigentliche Unternehmensbewertung im engeren Sinne darstellt sondern als Analysetool dient, und der Begutachter auf den ersten Blick erkennen kann, ob es sich um ein gesundes Unternehmen handelt. (Anmerkung: Um den Unternehmenswert zu bestimmen, dienen zum Beispiel sogenannte Ertragswert- und Discounted Cash Flow-Verfahren, wobei die „freien Cash Flows“ des Bewertungszeitraumes mit Hilfe einer integrierten Planungsrechnung ermittelt und nachfolgend auf den Barwert abgezinst werden).
Die ermittelten Kennzahlen einer Bilanz haben hingegen sowohl eigenständige Aussagekraft, aber auch die Entwicklung des Unternehmens über mehrere Perioden hinweg kann durch diese Werte beurteilt werden. Weiters ist wichtig anzumerken, dass die Kennzahlen mit „bereinigten“ Werten aus der Bilanz errechnet werden, das heisst sie müssen teils periodisiert und abgeändert werden.
Anlagevermögen und Umlaufvermögen
Die Vermögensgegenstände eines Unternehmens werden in Anlagevermögen und Umlaufvermögen unterschieden. Als grundsätzliches Kriterium gilt, wenn Gegenstände für das Unternehmen erworben werden, und diese nicht verkauft werden, sondern betrieblichen Zwecken dienen, dann liegt Anlagevermögen vor. Es wird darauf abgestellt, ob die Gegenstände dem Unternehmen dauernd zur Fortführung des laufenden Geschäftsbetriebes dienen. Dauernd bezieht sich nicht auf die Zeitdauer, sondern der Häufigkeit der Nutzung. Als Beispiele für Anlagegegenstände können etwa genannt werden bebaute oder unbebaute Grundstücke, Lieferwagen und Geschäftsausstattungen wie etwa PCs oder Schreibtische.
Zum Umlaufvermögen gehören Gegenstände, die kurzfristig dem Unternehmen dienen, zum Beispiel Vorräte, Werkstoffe oder Bank- bzw. Kassaguthaben. Umlaufvermögen verweilt demnach kurz im Unternehmen weshalb man es auch nach der Liquidität einordnen kann. Die Handelswaren (vorräte) eines Versandhandelshauses werden typischerweise zum Umlaufvermögen gezählt.
Wichtige Kennzahlen der Bilanz
Widmen wir uns nun einiger bedeutender Kennzahlen die in der Praxis häufig errechnet werden.
Anlagenvermögensintensität
Berechnung:
Anlagevermögen / Gesamtvermögen
Bedeutung:
Mit dieser Kennzahl wird die finanzielle Lage eines Unternehmens ermittelt. Dabei gilt der Grundsatz, dass das Unternehmen liquider ist, je geringer das Anlagevermögen ausfällt. Doch auch eine niedrige Anlagequote kann sich schlecht auswirken. Das Unternehmen könnte so mit abgeschriebenen bzw. mit alten Anlagen arbeiten.
Umlaufvermögensintensität
Berechnung:
Umlaufvermögen / Gesamtvermögen
Bedeutung:
Durch die Kennzahl kann die Finanzlage des Unternehmens ermittelt werden. Dabei sollte der Anteil am Umlaufvermögen allerdings nicht zu hoch ausfallen, da man bei einem großen Anteil des Umlaufvermögens meist von zu hohen Lagerbeständen ausgeht.
Kennzahlen zur finanziellen Lage und Liquidität
Liquiditätskennzahlen sind für den Unternehmensfortbestand von immenser Bedeutung, da mit ihrer Hilfe die Fähigkeit eines Unternehmens, seinen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachzukommen, beurteilt werden kann.
Die Unternehmenspraxis unterscheidet grundsätzlich drei bedeutende Liquiditätskennzahlen die nachfolgend kurz erläutert werden. Der Grad der Liquidität legt fest, wie schnell das im Unternehmen gebundene Vermögen zu „cash“ gemacht werden kann.
Liquidität 1. Grades
Berechnung:
Liquide Mittel (Kasse + Bank) / kurzfristige Verbindlichkeiten
Bedeutung:
Die Liquidität 1. Grades gibt das Verhältnis der liquiden Mittel zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten eines Unternehmens an und zeigt wie ein Unternehmen seine derzeitigen kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen allein durch liquide Mittel befriedigen kann.
Liquidität 2. Grades
Berechnung:
(Geldvermögen + Wertpapiere + kurzfristige Forderungen) / kurzfristige Verbindlichkeiten
Bedeutung:
Die Liquidität 2. Grades zeigt das Verhältnis des gesamten Barmittelbestandes plus dem kurzfristig zur Verfügung stehenden Vermögen zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten eines Unternehmens an. Es zeigt ebenso, ob ein Unternehmen in der Lage ist, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten zu bezahlen. Ist das Ergebnis der Gleichung kleiner als 1, wird ein Teil der kurzfristigen Verbindlichkeiten nicht durch kurzfristig zur Verfügung stehendes Vermögen gedeckt und es kann ein Liquiditätsengpass entstehen.
Liquidität 3. Grades
Berechnung:
(Geldvermögen + Wertpapiere + Forderungen + sonstige Vermögensgegenstände + Vorräte) / kurzfristige Verbindlichkeiten
Bedeutung:
Die Liquidität 3. Grades umfasst das gesamte Umlaufvermögen wiederum im Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten eines Unternehmens. Bei einem Ergebnis von kleiner als 1 muss zur Deckung der Verbindlichkeiten das Anlagevermögen herhalten. Banken verlangen daher in der Regel eine Kennziffer von „2“ bei Kreditvergaben.
Was ist Eigenkapital und Fremdkapital?
Die wichtigesten Unterscheidungsmerkmale zwischen Eigenkapital und Fremdkapital ergeben sich aus rechtlicher Sicht. So definiert sich das Rechtsverhältnis bei Eigenkapital als ein „Beteiligungsverhältnis“ und bei Fremdkapital als ein „Schuldverhältnis“. Daraus lässt sich auch die Haftungsfrage ableiten, denn der Gesellschafter haftet je nach Rechtsform entweder mit seinem gesamten Privatvermögen, mindestens jedoch mit seiner Einlage und der Fremdkapitalgeber haftet nicht. Es gibt noch ein Vielzahl weiterer Kriterien, z.B. aus steuerrechtlicher Sicht. Bilanziell betrachtet ergibt sich das Eigenkapital als der Teil des Vermögens, der nach Abzug der Schulden übrig bleibt.
Eigenkapitalintentität
Berechnung:
(bereinigtes) Eigenkapital / Gesamtkapital
Bedeutung:
Die Eigenkapitalintensität gibt den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital wieder. Je höher die Eigenkapitalquote, desto unabhängiger ist ein Unternehmen von Gläubigern und Kreditgebern.
Fremdkapitalintentität
Berechnung:
(bereinigtes) Fremdkapital / Gesamtkapital
Bedeutung:
Ein hoher Wert deutet auf eine schlechte Eigenkapitalausstattung hin, was i.d.R. auch die Kreditzinsen ansteigen lässt. Als gut gilt ein Wert zwischen 0% und 2% und ab 4% spricht man von einer schlechten Fremdkapitalintensität. Die Kennzahl gibt jenen Anteil des Gesamtkapitals wieder, der nicht von den Eigenkapitalgebern, sondern von externen Geldgebern finanziert wurde.